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Dann  eben  Kekse!
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Philip Morris, der Zigarettentycoon, weiß, daß ich ehrlich 
zu ihm bin. Darum fragt er lieber mich als seine rückgrat-
losen Berater und seine arschkriechenden Aufsichtsräte. 
Ich beklage mich nie, wenn er vier Uhr früh Ortszeit noch 
anruft. Phil revanchiert sich ab und zu mit ein paar Stangen 
PM Lights.

Die Idee mit den Keksen zum Beispiel geht auf ein solches
Gespräch zurück. In Europa können wir einfach nicht weiter
wachsen, hat er geklagt. Was kann nach den 100s noch kommen.
Ich habe ihm klargemacht, daß seine Strategen einen
Riesenmarkt brachliegen lassen. Phil, sage ich, du mußt den
Passivraucher gewinnen. Dem Passivraucher fehlt doch jedes
Markenbewußtsein, er inhaliert völlig kritiklos. Ein
unbeschriebenes Blatt. Ein jungfräulicher Filter, also
mental jetzt, der auf dein Kondensat wartet. Phil war
begeistert. Wir machen Kinowerbung, hat er gerufen, fetter
Soundtrack, kriminelle Kulisse. O nein, stöhne ich. Nicht
schon wieder schnaubende Rösser und kernige Kuhhirten. Die
Leute haben das bis hier. Das muß zynischer kommen, der
Europäer ist viel abgebrühter als der Amerikaner. Er will
nicht mehr erzählt bekommen, Rauchen ist gesund und macht
interessant. Probier's bitte mal mit der WAHRHEIT.

Phil hat das eingesehen und gleich die Kampagne mit den
schlichten Küchenutensilien entwickeln lassen. Die frohe
Botschaft lautet: Vertraut eurem Verstand, Leute, im
Vergleich zum täglichen Glas Milch ist Passivrauchen wirk-
lich das kleinere Übel. Auch Wassergläser, Pfeffermühlen
oder eben Kekse können böse innere Verletzungen verursachen,
wenn sie an der falschen Seite angezündet werden.

Das Ding schlug ein. Den Damen aus der Bahlsen-Probierstube
ging der Vergleich so sehr auf den Keks, daß sie Phils
Leuten einstweilig ein Werbeverbot an die Waffel verfügen
ließen. Auch General Biscuits waren nicht amüsiert. Das
bedeutete Riesenpublicity für das Passivraucher-Projekt.
Leider tut Phil hinterher immer so, als wären alle seine
Ideen komplett aus der eigenen Grütze gelöffelt. Eine kleine
charakterliche Schwäche. Neulich ruft er wieder an und
schwärmt von der neuen corporate identity. Kein Wort
darüber, daß der entscheidende Tip von mir kam. Egal. Eine
180-Grad-Wendung, ruft er also, die Angeber von der
Konkurrenz imagemäßig auf Jahre abgehängt. Meiner ist der
einzige Laden von Rang, der in selbstkritischem Schwarz-Weiß
rüberkommt. Aber Karo, drängle ich mich in die erste
Luftpause, unsere ostdeutsche Kumpelkippe. Gehört mir doch
längst, sagt Phil.

Aber das mit Bob Dole, sagt er, war ein Fehler. Seit den
siebziger Jahren haben wir den als Kandidaten aufgebaut.
Klassische Fehlspekulation, na schön. Aber daß Bill Clinton
das jetzt im Wahlkampf ausschlachtet. Der hat doch ungeniert
bei der Nichtrauchermafia die Hand aufgehalten. Jetzt droht
er mit Werbeverboten für Zigaretten. Dabei haben wir im
August schon von uns aus angeboten, nur noch in schwarz zu
werben. Hätten Karo in den Staaten groß rausgebracht. Hätten
notfalls die Amerikaner an Ironie gewöhnt und für Wasser-
gläser geworben. Und jetzt das.

Ich tröste Phil mit einer Meldung aus dem Raucherpflichtblatt 
FAZ. Aus verschwiegener Quelle verlaute, steht da, Werbe-
verbote würden die Profite der Tabakindustrie eher
vergrößern. Die würde nämlich reklamemäßig schon lange über
ihre Verhältnisse kleben. Seitdem faxt mir Phil immer die
neuesten Börsenkurse, die wieder täglich steigen. Phil, du
bist halt ein Fuchs, faxe ich zurück. Ab und zu ein Lob, das
braucht er.